Heute musste ich leider mit Schrecken feststellen, dass bei Roco offenbar neuerdings auch beim verwendeten Kunststoff Einsparpotential gefunden wurde. Hintergrund ist eine überarbeitete ÖBB 1116 im RailJet Design, bei welcher im Vergleich zur ersten Taurus-Generation die Drehgestellblenden überarbeitet wurden.
Die Sanderrohre sind nun derart filigran, dass sie an der Blende auf einer Fläche von rund 1 mm^2 halten (sollten), was für Betriebsbahner bedeutet, dass die Lok eine Entgleisung häufig nicht mehr unbeschadet überlebt. Die Das Sanderrohr war ab. Ich war dennoch erstaunt, dass das Bauteil so leicht absplitterte, insbesondere die Bruchkante sah schon eigenartig aus für einen technischen Kunststoff...
Nun ja, das kann bei hochfiligranen Modellen geschehen, der Betriebsbahner weiss sich hier meist zu helfen. Bei mir stellen diese Hilfen Modellbaukleber dar, mit welchen sich solche Strukturen gleich auch noch versteckt partiell verstärken lassen. Ich applizierte daher etwas Klebstoff auf die Bruchstelle, presste die Bauteile zusammen und stellte gleich eine chemische Reaktion fest, indem der Kunststoff nicht verklebt, sondern aufgeweicht wurde.
Nun war meine Neugier endgültig geweckt und Teile der beschädigten Drehgestellblende wanderten in das Spektrometer. Das Resultat ist wenig erfreulich. Roco verwendete bis vor kurzem noch überwiegend Polyamid 6 (PA6) und Acrylnitrilbutadienstyrol (ABS). Diese hochwertigen Kunststoffe sind in der Technik weit verbreitet und lassen sich auch mit Cyanacrylatklebern (Sekundenkleber) sehr gut verkleben.
Neuerdings kommt offenbar Polypropylen (PP) zum Einsatz, was uns im Alltag in Form von Sichtmäppchen, Jogurtbechern oder eben nun auch Drehgestellblenden begegnet. Das Material ist gegenüber ABS und PA6 (ca. CHF 1.50/kg) deutlich günstiger (CHF 0.70/kg) und liegt Festigkeitsmässig unter den beiden anderen Kunststoffen.
Die wohl ärgerlichste Eigenschaft im Modellbau ist allerdings, dass sich dieser Kunststoff wegen seiner geringen Oberflächenenergie kaum sauber mit haushaltsüblichen Mitteln verkleben lässt. Bricht was und sind keine Ersatzteile verfügbar, muss daher schnell von einem wirtschaftlichen Totalschaden gesprochen werden.
Mir ist bewusst, dass ich mich auch hier oft verteidigend gegen die teilweise in HAG- und Märklin-Kreisen als "minderwertig" verschrienen Kunststoffmodelle gestellt habe. In diesem Fall muss allerdings gesagt werden: Für den fahrenden Modellbahner minderwertiger "Plunder", Punkt.