Werte Gemeinde
Ich hänge das mal hier rein, wenn es den Admins zu philosophisch ist, bitte entsprechend umschichten...)
Da wir vor einigen Monaten in ein neues Haus gezogen sind und meine alte Modellbahnanlage in den letzten Wochen langsam aber sicher demontiert wurde (sowas tut einem vielleicht im Herzen weh, kann ich euch sagen... ), fange ich nach Abschluss des Rückbaus so langsam an, mir Gedanken über die nächste Anlage zu machen (so ganz ohne geht gar nicht). Auch wenn natürlich alles weiterhin verwertbare, was ich von der alten Anlage retten konnte, auch in Zukunft Verwendung finden wird, so stellt sich die Frage, welche Konzeption in Zukunft verfolgt werden soll. Die meisten von uns bauen ja Anlagen ohne konkretes Vorbild, so wie es eben sein könnte. Meinereiner hat ja versucht, auf der alten Anlage eine real existierende Situation möglichst exakt nachzubauen - mit den Einschränkungen, die der begrenzte Platzbedarf sowie die modellbauerischen Fähigkeiten eben so mit sich bringt.
Letzteres hat in meinen Augen so seine Vorteile: Es ist eben ein MODELL, will heissen, die exakt mögliche Widergabe einer zeitlich und räumlich begrenzen Vorbildsituation und damit die Konservierung eines Anlagenzustandes, zu dem man evt. eine spezielle Bindung hat. Nachteilig natürlich ist die Einschränkung durch Vorbildwahl und Fahrzeigeinsatz (zumindest der "ernsthafte" Modellbahner fährt eben nicht mit dem Dosto-IC durch Blausee-Mitholz - schon gar nicht um 1995). Dem Bau einer Anlage nach völlig freien Motiven und ohne Rücksicht auf etwaige Vorbildbezüge konnte mich eigentlich noch nie befriedigen, auch wenn es da hervorragende Arbeiten gibt, aber es ist eben dennoch eine Phantasiewelt, die so nirgendwo existiert.
Einige Modellbahner erschaffen sich ihre eigene Bahngesellschaft, die dann in einer fiktiven Welt fiktive Städte und Dörfer verbindet. Diese Free-Lance-Modellbahnen haben natürlich den Vorteil, keinerlei Rücksicht auf Vorbildgegebenheiten nehmen zu müssen und dennoch kreativ gestalterische wirken zu können. Kitbashen, Fahrzeugbau, aber eben auch kaufen was an Fahrzeugen gefällt, ist sicher im Sinne eines erfüllenden Hobbies ein guter Grund, seine eigene Welt zu kreieren. Was aber macht der Modellbahner, der zum einen keine fiktive Bahnlinie der SBB, zum anderen aber auch keine völlig selbstkreierte Welt schaffen will, der aber auch nicht sklavisch eine Vorbildsituation "kopieren" möchte ?
Bei meinen Recherchen über eine geplante, aber nie gebaute Bahnlinie ist mir eine Idee gekommen: was wäre wenn man sich zwar selbst eine "Private Privatbahn" schafft, diese aber eben einen realistischen Hintergrund hat? Da fahren die Züge eben nicht von "Stefansberg" nach "Erwinshausen" , sondern eben zwischen real existierenden Gemeinden, die halt z.B. keinen Bahnanschluss haben. Solche Situationen gibt es schweizweit jede Menge, Gegenden, die keine Bahnlinie zur Erschliessung aufweisen, die aber durchaus topografisch für den Bahnbau geeignet wären. Überall in der Schweiz gibt es Gegenden, die weitab einer Bahnlinie liegen, die vom Postauto bedient werden. Was aber wäre, wenn diese Gegenden in alten Zeiten eben durch eine Bahnlinie erschlossen wären (den Rentabilitätsgedanken mal beiseite geschoben) Gedanklich liesen sich solche Bahnlinien in allen Landesteilen, in allen Variationen erstellen, von kleinen Nebenbähnchen über Alptranversalen bis zu grenzüberschreitenden Linien sekundärer Bedeutung.
Beispiele habe sich mir beim Studium der topografischen Karten jede Menge geboten: Etwa eine Verbindung über den Splügen oder Bernhardinpass, eine Verbindung von Les Diablerets nach Gstaad, um mal Bahnen im alpinen Gelände zu nennen. Oder auch eine Bahnlinie von Sirnach nach Fischingen, Bahnlinien im Entlebuch, im Jura und Freiburger Land, die Verlängerung bestehender Linien, wie z.B Niederwenigen - Endingen - Döttingen oder die CJ von Glovelier über Develier nach Delemont, die Verlängerung der OeBB von Balsthal nach Gänsbrunnen oder der SOB von Einsiedeln (Spitzkehre) nach Unteriberg, eine grenzüberschreitende Linie von Porrentruy über Damvant nach Montbeliard (evt. mit Spitzkehre in Blamont), nur um einige Ideen zu nennen. Auch das Erschaffen von geplanten Linien (Nebikon - Wilisau, die Bahn über den Jaunpass, um Beispiele aufzuzeigen) wäre möglich.
Eine solche Modellbahn hätte den Vorteil, sich eben an einer Vorbildsituation zu orientieren, also nicht in einer Fantasiewelt zu spielen und dennoch jegliche freizügige Planung und Gestaltung zu ermöglichen. Sie könnte von der SBB/BLS/RhB/ect. betrieben werden oder von einer "erfundenen" regionalen KTU, die evt. doch mal mit der SBB/BLS/RhB/ect. zusammenarbeitet. Man könnte selbst Fahrzeuge bauen oder als Occassionen von anderen, auch ausländischen Verwaltungen übernehmen und dennoch Verkehre der realen Welt nachbilden, ohne Rücksicht auf Spurweite oder Stromsystem (gut, das Signalsystem ist behördlich festgeschrieben....)
Was haltet Ihr von so einer Idee?
(Meine ganz persönliche Fiktivbahn ist übrigens die FGT, die Fribourg - Gantrisch-Thun-Bahn, in Anspielung an die um 1900 geplante Querverbindung durchs Schwarzenburger Land. Im Gegensatz zu den damaligen Planungen ist "meine" Bahn aber als Normalspurbahn ausgebildet, um eben auch SBB und BLS-Fahrzeuge verkehren zu lassen. Das Ganze geht soweit, dass ich mir sogar schon Trassierungsentwürfe für die Linie ausgedacht habe. Hintergrund ist, das Freiburg eine Verbindung zu den touristischen Zentren des Berner Oberlandes gewünscht hat, ohne den (damals) langen Weg über Bern zu nehmen. Zudem sollte das Gantrisch erschlossen werden, eine Schwarzenburgerlinie gab es noch nicht. Man glaubte sogar an durchgehende Züge von Genf nach Interlaken! Dummerweise ist das zu durchfahrende Gelände aber sehr zerklüftet, so dass die Bahnlinie dann mit Radien bis 200 m runter und Steigungen bis 40 Promille geplant und gebaut werden musste. Die Linie verlässt den Freiburger Bahnhof nördlich, parallel zur SBB-Strecke nach Bern, sinkt etwas und überquert die Saane mit einem ca 150m langen und 60 m hohen Viadukt, steigt dann bei Schönberg Richtung Tafers, weiter nach Alterswil, über die Gemarkung Heimberg und sinkt dann bei Schweni quasi parallel zum Sensegraben, den sie dort mit einer über 200 m langen und 100 m hohen Eisenbrücke überquert (grösste Bahnbrücke der Schweiz - was die ernormen Baukosten erklärt) und steigt dann im Graben inkl. einiger kurzer Tunnel bis zur Kantonsstrasse an und biegt dann nach Schwarzenburg ab. Dort trift sie auf die von Bern kommende, der BLS gehörende BSB, führt recht geradlinig weiter nach Ellisried, dort nach Süden nach Mamishaus, um dort im Lindenbachgraben mit drei Tunnels und einer Brücke über das Schwarzwasswer zur Station Helgisried-Rohrbach zu führen. Von dort gehts im Talgrund nach Riggisberg und Burgistein, wo der Abstieg entlang der Lehne oberhalb von Wattenwil beginnt. Auch hier hat Wattenwil nur eine Station in der Fraktion Grundbach - die Verbindungsbahn zwischen Pfandersmatt und dem Stockental wäre allerdings auch eine Option. Zwischen Mettlen und Blumenstein wird die Gürbe überbrückt, wo die Linie nach Osten in Richtung Längenbühl abzweigt. Weiter über Thierachern geht es der Glütschbachlehne entlang nach Almendingen und über Neufeld und Dürrenast wird der Bahnhof Thun mit einem Stumpfgleis am Perron 3 erreicht.
Gefahren wird mit selbstgebasteltem Material und Occasionskäufen, die mir gefallen, aber eben auch SBB und BLS-Loks und -Wagen, wobei die Sensebrücke mit schweren Loks nur langsam befahren werden darf 8|. Neben den Regionalzügen verkehren auch noch ganz wenige Schnellzüge Friburg - Interlaken, die aber in Thun Kopf machen müssen und eigentlich nur regionale Bedeutung haben, ist die Linie doch nur für Geschwindigkeiten von 60-80 km/h zugelassen.
Jetzt aber genug von dieser Spinnerei!
Ob ich eine solche Bahn als neues Modellbahnkonzept realisiere, weiss ich noch nicht, es reizt mich eben auch noch der exakte Nachbau einer Vorbildsituation. Auch dafür habe ich jede Menge Ideen. (Manche Ausschnitte auf dem schweizer Bahnnetz wirken auf mich wie eine Ideale Modellandschaft, tschuldigung aber es ist so... )
Was meint ihr? ist so eine "reale Fiktivbahn" ein gutes Konzept oder unterscheidet es sich nicht wesentlich von einer völlig freien Modellplanung?´Freue mich auf eure Diskussionen.