Mal ein amüsanter , aber durchaus modellbahnrelevanter Beitrag, der sicher einige Leser nicht nur zum Schmunzeln anregt sondern auch in Staunen versetzt. Und sogar mit Weihnachten zu tun hat, wie der folgende Text zeigt.
Sicher wissen die wenigsten Spur-HO-Bähnler, dass in den Anfangszeiten der Modelleisenbahn eine Bedürfnisanstalt oder (auf weniger gut Deutsch) ein „Scheisshäuschen“ als normales Zubehör für eine Modelleisenbahn verkauft wurde. Es gehörte praktisch zum Standard-Angebot und wurde in der Regel zusammen mit einem Bahnhof verkauft. Kam natürlich auch daher, weil früher das WC nie im Bahnhofsgebäude integriert war, sondern immer separat in gebührendem Abstand gebaut wurde. Also war neben Bahnhof, Signal, Brücke, Streckenhäuschen, Billetautomat, Richtungsanzeiger etc. auch immer ein solches WC-Häuschen im Katalog. Dies galt praktisch für alle damals bekannten Hersteller wie Märklin, Bing, Cabo, Carette und wie sie alle heissen.
Bleiben wir mal bei Märklin, zusammen mit Bing der grösste Hersteller von Modelleisenbahnen anfangs des 20. Jahrhunderts. Spur HO gab es damals natürlich noch nicht; es wurde in Spur 0+1 (oder gar grösser) produziert. Das erste WC-Häuschen von Märklin ist um 1900 katalogisiert, sicher hat es dies aber schon früher gegeben. Bis zum Jahre 1935 wurden nun total 15 Stück solcher WC’s in verschiedensten Variationen produziert. Meistens war die Grösse so, dass es für beide Spuren 0+1 verwendet werden konnte. Daneben wurde natürlich damals wie heute klar unterschieden zwischen Damen- und Herren-WC’s; in den 20er Jahren war es sogar Mode, dass beide Geschlechter je ein separates Häuschen hatten.
Interessant war nun, dass diese Bedürnisanstalten trotz dauerndem Angebot ganz selten zum Bahnhof gekauft wurden. Sicher war auch ein Grund dafür, dass die Eisenbahn jeweils immer zu Weihnachten aufgestellt wurde. Der Zug dreht im festlichen Lichterglanz, begleitet von leuchtenden Kinderaugen, seine Runden unter dem Christbaum. Aber welcher Papi oder Opa wollte schon seinen Kindern ein solches Zubehör zumuten. Vielmehr wurde dieses, wenn nicht schon längst weggeworfen, verschämt im dunklen Keller aufgestellt.
Und genau von dieser Einstellung her rührt nun die Seltenheit dieses Spielzeuges, auch bei den Sammlern kaum mehr anzutreffen; die Toiletten sind sehr gesucht und fast unbezahlbar geworden.
Hier mal 2 Beispiele von Auktionen, zwar bereits vor einem Monat abgelaufen, aber doch topp-aktuell:
In dieser Auktion
http://cgi.ebay.de/ws/eBayISAP…ame=STRK%3AMEWA%3AIT&rd=1
ist ein eher billiges WC verkauft worden. Es wurde bei Märklin ab 1908 bis 1923 angeboten. Von der Grösse her (7x6x9 cm) war es nur für Spur 0 gedacht. Eine blaue Variante war in den Katalogen bis 1933 aufgeführt. Uebrigens, dieses Teil gibt es heute auch als Replika zum Preise von ca. EURO 350.00 zu kaufen.
Bei dieser Auktion
http://cgi.ebay.de/ws/eBayISAP…ame=STRK%3AMEWA%3AIT&rd=1
wurde ein seltenes Häuschen verkauft. In den Märklin-Katalogen war es von 1900-1914 zu finden. Anhand der Grösse von 19x17x16cm wurde es sowohl für Spur 0 und (masstäblich besser) für Spur 1 gebaut. Man beachte den Pfennig-Münzeinwurf und den mit einem Schlüssel gesicherten Sparraum. Und natürlich auch mit Inneneinrichtung wie WC-Schüssel und Brünneli versehen. Der Zustand dieses Teils ist in Berücksichtigung des Alters ausgezeichnet. Spielspuren in diesem Ausmass werten ein solch rares Stück auch nicht ab, im Gegenteil: die Originalität ist so eindeutig und Manipulationen sind fast sicher auszuschliessen oder zumindest besser feststellbar.
Noch zum Schluss: Ab Beginn der Spur 00/HO bei Märklin im Jahre 1935 wurde meines Wissens kein einziges WC mehr angeboten. Sie waren ab diesem Zeitraum halt im Bahnhof integriert……….
Also, wer auf dem Flohmarkt ein WC sieht, nicht einfach vorbeilaufen, sondern genau hin- und reinschauen und zugreifen. Ausgenommen sind Teile, welche mit HAG beschriftet sind; es wären Fälschungen!
Gruss, Beat